Rathaus-Echo: Ralph Perlewitz
Im Sommer 2019 hatte der Rat zu entscheiden, ob für die Stadt Warendorf wegen des Klimawandels der Notstand ausgerufen werden sollte. Die Fraktion der CDU hatte dies abgelehnt u. a. mit der Begründung, dass ein „Notstand“ für Sachverhalte vorbehalten bleiben sollte, deren Abwendung in die elementaren Grundrechte eines Bürgers eingreifen. Dieses war für den bevorstehenden Klimawandel -bisher- nicht der Fall. Der Begriff „Notstand“ sollte nicht missbraucht werden, um damit reine Symbolpolitik zu betreiben. Kein Jahr später hat das Coronavirus diese Eingriffe notwendig gemacht und der Gesetzgeber hat ohne große Diskussion die allgemeinen Freiheitsrechte, Vereinigungsfreiheit, Religionsfreiheit, Berufsfreiheit u. a. massiv beschränkt.
Die Folgen dieser Maßnahmen belasten viele Bürger auch im wirtschaftlichen Bereich. Die Stadt Warendorf ist ebenso durch die unsicher werdenden Steuereinnahmen betroffen und der mit großer Mehrheit beschlossene Haushalt für das Jahr 2020 könnte zur Makulatur werden. Für die Stadtentwicklung wichtige Entscheidungen sind unsere Investitionen, z.B. Stadtstraße Nord, Baugebiet „In de Brinke“, Sporthalle Freckenhorst usw. Diese Vorhaben sollten jetzt keinesfalls zur Disposition gestellt werden. Sie sind ohnehin durch Kredite finanziert und nicht abhängig von der momentanen Kassenlage. Investitionen der öffentlichen Hand sind auch notwendig, um die Wirtschaft nach Beendigung der Beschränkungen wieder in Gang zu bringen. Eine höhere Zinsbelastung, die die Kassenlage beeinflussen könnte, ist nicht zu befürchten, da die EZB dieses mit Sicherheit verhindern würde. Aufgrund der Direkthilfen für die belasteten Unternehmen und Sozialkassen werden sich die EU-Staaten zusätzlich derart verschulden, dass mit einer Änderung der Zinspolitik in den nächsten Jahrzehnten nicht zu rechnen ist.
Die Frage ist, ob unsere laufenden Ausgaben durch die Einnahmen ausgeglichen werden können, es sind bereits Bremsspuren bei den Gewerbesteuereinnahmen zu verzeichnen. Die Stadt Warendorf wird Forderungen aus Gewerbesteuer, Grundsteuer, Vergnügungssteuer und Verwaltungsgebühren stunden, falls die fristgerechte Zahlung aufgrund der Corona-Krise nicht möglich ist, vorbehaltlich der Genehmigung des Rates. Zurzeit können wir daher trotz der nebulösen Zukunft lediglich versuchen, finanziell auf Sicht zu fahren. Eine Vollbremsung ist aber nicht erforderlich. Durch unser gutes Wirtschaften in den letzten Jahren haben wir erreicht, dass unsere Ausgleichsrücklage noch ca. 10 Mio. € beträgt, die wir zur Not nutzen könnten, ohne in die Haushaltssicherung zu geraten. Auch der Rückgriff auf eine „Giftliste“ von Einsparungen erscheint nicht notwendig.
Wir sollten uns aber jeglicher zusätzlichen Belastung des beschlossenen Haushalts entsagen. In jüngster Vergangenheit haben wir uns im Zweifel oft zugunsten einer Ausgabe entschieden. Diese finanziellen Belastungen müssen in Zukunft kritischer hinterfragt werden. Wichtig ist jedoch vorerst, dass wir alle gesundheitlich wohlbehalten diese Krise überstehen.
Ralph Perlewitz